Über taube Hunde, vermisste Kekse und postalische Entsagungen

Sie ist uralt, fast blind und taub, aber sie kann noch hervorragend riechen: Wie sich eine Ausbildung als Jagdhündin auch in schwerhörigen Vierbeiner-Zeiten auf Postboten und Kekse auswirken kann, darüber berichtete jetzt eine Kreuzfelder Familie… die diese Geschichte künftig wohl jedes Jahr zur Adventszeit erzählen wird.

Weil sie einfach so schön ist.
Und wer hört nicht gerne schöne Geschichten, vor allem, wenn sie sich um die Weihnachtszeit abspielt. Und ein Hund dabei die Hauptrolle spielt.
Aber von Anfang an: Das Kreuzfelder Keks-Mysterium begann ganz harmlos.

Die rührige Dame des Hauses hatte kurz vor Weihnachten eine Flasche Sekt und eine Tüte mit Keksen an ihren Postkasten gestellt, als kleines Dankeschön für die Zustellerin. Nach einiger Zeit schaute sie nach der Post und stellte verwundert fest, dass die Flasche Sekt immer noch dort stand… aber die Tüte mit den Keksen verschwunden war.

Wieso bitteschön lässt die Postbotin den Sekt stehen, nimmt aber nur die Kekse mit? Oder waren es übermütige Jugendliche, die sich bedient haben? Aber die würden die Kekse stehen lassen und den Sekt nehmen oder praktischerweise beides, aber auf keinen Fall nur die Kekse mopsen?

Im Familienrat kam es zu keinem abschließenden Ergebnis der Missing-the-Keks-Recherchen. Als plötzlich die Postbotin um die Ecke kam wurde sie natürlich mit Fragen bedrängt: War sie heute schon mal hier und hat den Sekt vergessen? Haben die Kekse zwar gut geschmeckt, aber es war die falsche Sektmarke? Oder wurden sowohl Sekt als auch Kekse im stressigen Vorweihnachtsalltag einfach vergessen? Fragen über Fragen, die aber alle im Nirgendwo landeten, weil die erstaunte Postbotin nämlich an diesem Tag erstmals an diesem Haus war, von alldem nichts ahnte und sich verständlicherweise über die merkwürdigen Missing-the-Keks-Fragen wunderte.

Nun, eine Ersatzkekstüte für die fleißige Botin war schnell zusammengestellt… und die vorweihnachtliche Idylle war wieder hergestellt (mit einem einem keksigen Restzweifel allerdings).

Fast war das Kreuzfelder Keks-Mysterium vergessen, als die verhinderte Postbotinnen-Beschenkerin beim Nachbarn zu Besuch war und siehe dort !!! die Missing-Kekstüte !!! entdeckte. Was macht bitteschön diese Tüte beim Nachbarn, der auf Nachfrage auch nicht wusste, woher denn diese Kekse aus dem vorweihnachtlichen Wunderland aufgetaucht sein könnten…

…bis man mit gemeinsamen Überlegungen dem Mysterium auf die Spur gekommen ist.

Natürlich.

Sie ist zwar uralt, fast blind und taub, aber sie kann noch hervorragend Kekse riechen und sanft transportieren, wie sie es gelernt hat: Stella (der Name wurde aus Datenschutzgründen verändert) wurde sicherlich nicht zum Apportieren von Kekstüten abgerichtet (oder doch?), aber ihre  Ausbildung ist wohl auch als Seniorin so präsent, dass sie ihrem Herrchen eine kleine Keks-Freude bereiten konnte.

An dieser Stelle endet die Geschichte und es bleibt der Fantasie unserer Leser überlassen, inwieweit Stella in all den Jahren ihrer Keks-Apportierfähigkeiten für die wundersame Vermehrung der vorweihnachtlichen Leckereien ihres Herrchens gesorgt hatte.

Und ebenso wird vermutlich niemals aufgeklärt werden können, ob die Postzustellung in Kreuzfeld damit ungewollt in keksarme Zeiten apportiert worden ist.


Richard Barthelme